Urteile zum Thema Diebstahl
Urteile zur Abgrenzung von Diebstahl und unbefugtem Gebrauch eines Kraftfahrzeuges
- Urteil zur Abgrenzung von Diebstahl und unbefugtem Gebrauchs eines Kraftfahrzeuges
- Urteil zur Abgrenzung zwischen Diebstahl und unbefugtem Gebrauchs eines Fahrzeugs
Urteile zu Diebstahl als Bande
- Urteil zur Strafmilderung bei Schadensausgleich
- Bandenvoraussetzungen
- Voraussetzungen einer Bande
- Urteil zu den Voraussetzungen einer Bande bei Diebstahl
Urteile zu Diebstahl in Wohnungen und Kaufhäusern
- Beobachtete Wegnahme im Kaufhaus
- Diebstahl aus Wohnungen
- Diebstahl mit einem „gefährlichen Werkzeug“
Allgemeine Urteile zu Diebstahl
- Schuldfähigkeitsprüfung im Hinblick auf mögliche Kleptomanie
- Strafbarkeit der Entwendung von Pfandleergut
- Unbefugte Ingebrauchnahme eines Kraftfahrzeugs und Diebstahl
- Wertgrenze für Diebstahl geringwertiger Sachen
Urteil zur Abgrenzung von Diebstahl und unbefugtem Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs
Soll ein weggenommenes Kraftfahrzeug nach der Vorstellung des Täters im Anschluss an eine vorübergehende Benutzung wieder an den Berechtigten zurückgelangen, so ist dieser Rückführungswille unbeachtlich, wenn der Täter zwar alsbald einem Angehörigen des Berechtigten von dem Verbleib des Fahrzeugs Nachricht gibt, die von ihm vorgestellte Art und Weise der Wiedererlangung durch den Berechtigten jedoch mit erheblichen, auch für ihn deutlichen Risiken, Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten verbunden ist, z.B. durch ein unverschlossenes Abstellen in einer diebstahlsgefährdeten Gegend.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 11.05.1979
Urteil zur Abgrenzung zwischen Diebstahl und unbefugtem Gebrauchs eines Fahrzeugs
Ob die Benutzung eines fremden Kraftfahrzeugs gegen den Willen des Berechtigten als Diebstahl oder als unbefugte Ingebrauchnahme zu beurteilen ist, hängt davon ab, ob der Täter mit oder ohne Zueignungsabsicht gehandelt hat. Allein die festgestellte Absicht des Angeklagten, das Fahrzeug in der Folgezeit benutzen zu wollen, führt noch nicht zu einer für die Zueignungsabsicht erforderlichen dauernden Enteignung des Eigentümers. Will der Täter das Fahrzeug nach Gebrauch in den Herrschaftsbereich des bisherigen Gewahrsamsinhabers zurückführen, liegt nicht Diebstahl, sondern nur ein unbefugtes Gebrauchen gemäß § 248 b StGB vor.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 21.06.2005
Bandenvoraussetzungen
Ein bandenmäßiger Zusammenschluss setzt nur voraus, dass sich diese mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen. Dies unterscheidet die Bande von der Mittäterschaft.
Eine Bande setzt keine gegenseitige Verpflichtung der Mitglieder zur Begehung bestimmter Delikte voraus, ebenso wenig eine feste Organisation. Es ist auch kein Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse erforderlich.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.3.2005
Beobachtete Wegnahme im Kaufhaus
Eine zur Vollendung des Diebstahls führende Wegnahme ist beim Ladendiebstahl auch dann vollzogen, wenn der Täter die entwendeten Gegenstände unter Beobachtung des Personals in die Kleidung oder eine mitgeführte Tasche steckt und die Kassenzone passiert.
Bundesgerichtshof, 4 StR 199/86
Sobald der Täter im Selbstbedienungsladen mit Zueignungsabsicht Waren in seine Kleindung oder eine mitgeführte Tasche gesteckt hat, ist sein Gewahrsam begründet und damit der Diebstahl [….] vollendet, auch wenn das Personal den Vorgang beobachtet hat und die weitere Verfügung „ohne Schwierigkeiten“ verhindern kann.
Bundesgerichtshof, 2 StR 289/61
Diebstahl aus Wohnungen
Wohnungen sind nur abgeschlossene und überdachte Räume, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen, nicht bloße Arbeits‑, Geschäfts- oder Ladenräume. Gleiches gilt für einen „Gastraum“ eines Hotels. Gasträume eines Hotels sind im Gegensatz zu von Gästen gemieteten Zimmern keine Wohnräume.
Bei einem Einbruch in solche Räume ist daher die strafschärfende Norm des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht verwirklicht.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3.5.2001
Diebstahl mit einem „gefährlichen Werkzeug“
Messer, die zwar nicht als Angriffs- oder Verteidigungsmittel konstruiert sind, aber wie Spring‑, Fall‑, Faust- oder Faltmesser zu den Waffen im technischen Sinne gehören, erfüllen nach ständiger Rechtsprechung die Voraussetzungen eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB.
Dies gilt in vergleichbarer Weise für Taschenmesser mit einer längeren Klinge. Auch diese sind objektiv zum Schneiden und Stechen bestimmt und nach ihrer Beschaffenheit hierzu geeignet. Von einem sonstigen Messer unterscheiden sie sich im Wesentlichen lediglich dadurch, dass die Klinge von Hand ausgeklappt werden muss. Dieser Umstand nimmt einem Taschenmesser aber nicht seine objektive Gefährlichkeit. Ein solches Messer kann wie jedes andere jederzeit gegen Personen gebraucht werden und im Falle seines Einsatzes dem Opfer erhebliche, unter Umständen sogar tödliche Verletzungen zufügen.
Das ist zur strafschärfenden Qualifikation ausreichend.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3.6.2008
Einwegspritzen sind nicht ohne weiteres ein „anderes gefährliches Werkzeug“
S. d. § 244 StGB.Das Verwenden der Spitzen als Werkzeug würde hiesige Tat jedoch als schweren Raub gem. § 250 StGB qualifizieren. Wäre ein Abstellen auf die bloße objektive gefährliche Geeignetheit richtig, so wäre jeder gem. § 244 StGB zu bestrafen, der einen Bleistift oder einen Kugelschreiber bei sich führt, da dieser in der konkreten Anwendung zum Beispiel gegen Auge oder Ohren sicher geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen.
Dass der Angeklagte die Spritzen in dem Bewusstsein bei sich führte, er könne sie in welcher Art auch immer gegen Menschen einsetzen, hat nicht festgestellt werden können. Er ist betäubungsmittelabhängig und führt deswegen die Spritzen mit sich, um die Betäubungsmittel intravenös zu konsumieren. Somit hilft auch die Überlegung, die Spritzen seien abstrakt – sicherlich — geeignet zu verletzen, nicht weiter.
Amtsgericht Tiergarten, Urteil vom 28.6.2007
Bei kleineren Sachen wie z.B. Socken ist die Wegnahme schon durch das Einstecken in eine mitgeführte Einkaufstüte vollendet. Es ist nicht mehr erforderlich, dass die Kassenzone passiert wird.
Besteht die Tatbeute aus völlig verschiedenen Gegenständen wie einer Sony-Playstation-Konsole, zwei Flachbildschirmen, zwei DVD- Player und 21 Paar Markensocken und verfügt der drogenabhängige Angeklagte über kein legales Einkommen und keine Wohnung, ist davon auszugehen, dass der Dieb (gem. § 243 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafschärfend) gewerbsmäßig handelte.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 10.6.2008
Das besondere Merkmal eines gewerbsmäßigen Diebstahls besteht nicht darin, dass der Täter durch die Verwertung des durch die Straftat erlangten Gegenstandes eine Gewinnerzielung zur Finanzierung seiner Bedürfnisse erstrebt, sondern dass der Täter die Absicht hat, sich die erstrebte Einnahmequelle durch die wiederholte Begehung von Straftaten zu verschaffen.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 6.9.2004
Das Regelbeispiel des Einbrechens in § 243 Abs 1 S. 2 Nr. 1 StGB ist nicht verwirklicht, wenn sich ein verschlossenes Gartentor durch Lösen der Arretierung ohne großen Kraftaufwand öffnen lässt.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 26.2.2004
Bewirkt der Täter die Herausgabe von Geldmünzen aus einem Geldwechselautomaten dadurch, dass er einen mit Tesafilmstreifen beklebten Geldschein in den Automaten einführt und diesen nach Freigabe der Münzen mit Hilfe der Tesafilmstreifen wieder herauszieht, so erfüllt er den Tatbestand des Diebstahls, nicht jedoch den des Computerbetrugs und auch nicht den des Erschleichens von Leistungen.
In diesem Fall kommt die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falls des Diebstahls in Betracht.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 29.7.1999
Eine Straftat nach den §§ 242, 243 StGB darf nur bei überdurchschnittlichen Schweregraden als Anlasstat für Untersuchungshaft herangezogen werden.
Bei wiederholter Begehung muss jede Einzeltat den erforderlichen Schweregrad aufweisen.
Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 9.1.1996
Schuldfähigkeitsprüfung im Hinblick auf mögliche Kleptomanie
Die volle strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Täters ist sowohl nach dem Gesetz als auch in der strafgerichtlichen Praxis die Regel. Dies gilt auch für den weitaus überwiegenden Teil der Ladendiebe.
Pathologisches Stehlen wird durch fehlende oder erheblich herabgesetzte Impulskontrolle charakterisiert: Die Betroffenen entwenden spontan und quasi zwanghaft Gegenstände, die nicht zum persönlichen Gebrauch bestimmt sind auch nicht der Bereicherung etwa durch Veräußerung dienen. Davon kann keine Rede sein, wenn ein Täter planvoll und zielgerichtet Kleidungsstücke entwendet, weil sie ihm gefallen.Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 18.01.2005
Strafbarkeit der Entwendung von Pfandleergut
Hat ein Angeklagter vom Gelände einer Getränkehandlung Pfandleergut entwendet, stellt das nur dann einen Diebstahl dar, wenn er Einheitsleergut unbestimmt vieler Hersteller oder einer bestimmten Herstellergruppe wegnimmt, da er sich in diesem Fall im Hinblick auf das Eigentum des Erwerbers eine eigentümerähnliche Stellung anmaßt. Das gilt selbst dann, wenn die Entwendung in der Absicht erfolgt, das Leergut gegen Erstattung des Pfandgeldes zurückgeben zu wollen. Denn auch in diesem Fall leugnet er das Eigentum des Händlers.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 31.07.2007
Unbefugte Ingebrauchnahme eines Kraftfahrzeugs und Diebstahl
Die Frage, ob die Benutzung eines fremden Kraftfahrzeugs gegen den Willen des Berechtigten als Diebstahl oder als bloße unbefugte Ingebrauchnahme zu beurteilen ist, beantwortet sich nach ständiger Rechtssprechung des BGH danach, ob der Täter über das fremde Fahrzeug selbstherrlich wie ein Eigentümer unter dauerndem Ausschluss des Berechtigten verfügen und zu diesem Zweck von vorneherein den fremden Gewahrsam zugunsten des eigenen endgültig brechen will (Diebstahl), oder ob er sich von Beginn an mit der vorübergehenden eigenmächtigen Benutzung des Fahrzeugs und deshalb mit nur Zeitweiliger Brechung des fremden Gewahrsams begnügen, diesen also nach Beendigung des Gebrauchs wieder herstellen will. Danach unterscheiden sich beide Straftatbestände unter anderem durch den für die unbefugte Ingebrauchnahme wesentlichen Willen zur Rückführung des Fahrzeugs in den Herrschaftsbereich des ursprünglichen Gewahrsamsinhabers. Mithin muss, soll lediglich unbefugter Gebrauch vorliegen, der Wille des Täters im Zeitpunkt der Wegnahme dahingehen, den Berechtigten in eine solche Lage zu versetzten, dass er sein ursprüngliche Verfügungsgewalt über das Fahrzeug ohne besondere Mühe wieder ausüben kann.
Bundesgerichtshof, 4 StR 495/67
Voraussetzungen einer Bande
Eine Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Ein „gefestigter Bandenwille“ oder ein „Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse“ ist nicht erforderlich.
Um den strafschärfenden Straftatbestand zu erfüllen, ist es nicht erforderlich, dass wenigstens zwei Bandenmitglieder örtlich und zeitlich den Diebstahl zusammen begehen. Es reicht aus, wenn auch nur ein Bandenmitglied als Täter und ein anderes Bandenmitglied beim Diebstahl in irgendeiner Weise zusammenwirken. Die Wegnahmehandlung selbst kann sogar durch einen bandenfremden Täter ausgeführt werden.
Bundesgerichtshof (Großer Senat für Strafsachen), Beschluss vom 22.3.2001
Wertgrenze für Diebstahl geringwertiger Sachen
Die Grenze zur Geringwertigkeit einer Sache im Sinne von § 248a StGB liegt bei 50 Euro.
Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 09.05.2008
Freiheitsstrafe bei Bagatelldelikten
Bei Bagatelldelikten — hier Diebstahl einer Tafel Schokolade im Wert von 50 Cent — verstößt die Verhängung einer Freiheitsstrafe gegen das Übermaßverbot.
Dies gilt auch dann, wenn der Angeklagte erhebliche Vorbelastungen, auch im einschlägigen Bereich, hat.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss v. 18.11.2002
Begründung einer Häusliche Gemeinschaft nach § 247 StGB
In Fortschreibung der Rechtsprechung des OLG Hamm wird eine häusliche Gemeinschaft im Sinne des § 247 StGB zwar durch den ernsthaften Willen der Mitglieder zum Zusammenleben begründet, endet aber nicht schon mit der Aufhebung dieses Willens, sondern erst mit dem endgültigen, vollständigen Auszug des Täters oder des Verletzten.
Erst für solche Straftaten, bei denen das Ende der häuslichen Gemeinschaft nach außen hin klar und eindeutig durch einen endgültigen, beendeten Auszug des Täters oder Verletzten dokumentiert wird, gilt das Erfordernis des Strafantrages im Sinne des § 247 StGB nicht mehr.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss v. 11.09.2003
Strafmilderung bei Schadensausgleich
Wenn ein verschuldeter Angeklagter, der kaum einen Schaden wiedergutmacht, der über sein Nettoeinkommen hinausgeht und der schon aus diesen Gründen offensichtlich einen erheblichen finanziellen Verzicht und erhebliche, zu Einnahmen führende Anstrengungen hin- bzw. unternommen hat, muss das Tatgericht prüfen, ob hierdurch nicht eine für den Angeklagten günstigere Strafrahmenverschiebung und eine mildere Strafe gerechtfertigt ist. Nach § 46 a Nr. 2 StGB kann das Gericht die Strafe mildern und sogar von Strafe absehen, wenn der Täter in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt. Wenn das Gericht alleine aus dem Grunde, dass keine persönliche Entschuldigung stattgefunden hat, diesen Punkt nicht erörtert, liegt ein Rechtsmangel vor, der zur Aufhebung des Urteils führt.OLG München, Beschluss vom 13.08.2018